Die Angst vor der Annahme
„Alles, was wir ablehnen, wird durch unsere ablehnende Haltung noch mächtiger!“
(Andreas Knuf)
Wenn Du negative Empfindungen hast, was machst Du dann? In der Regel wirst Du sie verdrängen, ablehnen. Doch das führt dazu, dass langfristig alles nur noch schlimmer wird. Du kämpfst, um aus dem Loch herauszukommen, aber Du reitest dich nur noch tiefer rein.
Klar, wir haben gelernt dass Veränderung Aktion benötigt: Um etwas zu verändern musst Du anpacken! Das ist in der äußeren Welt auch richtig: Wenn Du einen neuen Job willst musst Du handeln. Von alleine fliegt dir nur selten etwas zu, also Action!
Im therapeutischen Setting ist das aber nicht hilfreich, denn hier geht es darum deine Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen erst mal anzunehmen. Erst dadurch kommt Heilung und Veränderung. Also erst mal ruhig werden. Um Raum für positive Action zu schaffen.
Darum geht es in diesem Beitrag.
Durch das Annehmen eines Gefühls, eines Gedankens oder einer Verhaltensweise wird Druck genommen. Kennst Du den gut erforschten White-Bear-Effekt? Sicher, im Deutschen spricht man häufig vom „rosa Elefanten“. Versuche nicht an einen rosa Elefanten zu denken!
Und, klappt es? Natürlich nicht. Und je länger Du versuchst den rosa Elefanten aus dem Kopf zu verbannen, umso länger bleibt er bei dir.
Lässt Du den Gedanken aber zu und gibst dem Elefanten kurz deine Aufmerksamkeit, so kannst Du ihn danach viel besser loslassen.
Gedanken und Gefühle die Du gerne loswerden möchtest, solltest du daher nicht bekämpfen, sondern schlicht und ergreifend für kurze Zeit da sein lassen. Nichts verändern und nichts damit tun wollen! Das wird auch „Achtsamkeit“ genannt.
Ja, das hört sich alles sehr einfach an. Ist es leider nicht. Weil wir eben genau das nicht gelernt haben. Wir haben gelernt Gefühle zu unterdrücken oder sie wurden schlecht gemacht: „Hör auf zu weinen“, „Mädchen sind nicht wütend, wie sieht das denn aus“, „sei lieb und brav“ usw.! Wir haben nicht gelernt zuzulassen.
Die gute Nachricht ist: Du kannst alles lernen. Du kannst lernen dich zu beobachten, du kannst lernen deine Gefühle da sein zu lassen, du kannst lernen loszulassen.
Widerstand hat ihren Preis
Weggedrückte Gefühle äußern sich in körperlicher Anspannung, Du hältst die Luft an, spürst einen Kloß im Hals oder eine Anspannung im Bauch. Der Sympatikus wird aktiviert, es kann zu innerer Unruhe, Nervosität oder Getrieben-Sein kommen. (Lies dazu meinen Artikel über Kampf und Flucht.) Dies kostet den Körper viel Energie und kann neben Aggression oder Traurigkeit langfristig sogar zu psychosomatischen und körperlichen Erkrankungen führen.
Das Leid, das durch Ablehnen oder Wegdrücken entsteht, wird in der Psychologie auch als „Vermeidungsleid“ bezeichnet. Hätten wir es anders in unserer Kindheit gelernt, würden wir unleidliche Gefühle zulassen um uns damit weiteres Leid ersparen zu können.
So aber versuchen wir beständig unbequeme Gefühle zu vermeiden. Was kurzfristig eine Erleichterung ist, weil das Unangenehme nicht mehr im Fokus steht – aber andere Probleme nach sich zieht. Wir beenden vielleicht nicht eine schmerzhafte Beziehung weil wir Angst vor Trennung haben. Oder wir trauen uns nicht „nein“ zu sagen weil wir Angst vor Auseinandersetzung haben.
Längerfristig erzeugt es nur noch stärkeres Leid.
Noch ein Beispiel: Wenn Du dich abends einsam fühlst und deshalb regelmäßig deine zwei-drei Gläser Wein trinkst, um der Einsamkeit zu entfliehen, dann wirst du nach einer gewissen Zeit bei regelmäßigen Konsum zur Alkoholikern. Dann beginnt aber erst der Teufelskreis! Höchst-wahrscheinlich wird sich das Empfinden der Einsamkeit, also der ursprüngliche Schmerz, dadurch langfristig noch verstärken.
Ebenso ist es bei Angst. Nehmen wir an Du hast Angst vor großen Menschenansammlungen (Agoraphobie), so wirst Du versuchen diese zu meiden, was langfristig dazu führen kann, dass du dich immer weiter zurück ziehst. Dadurch isolierst Du dich selbst und der Teufelskreis beginnt: Du wirst vielleicht depressiv, machst dir Selbstvorwürfe, dein Selbstvertrauen wird immer schwächer und schlussendlich wird deine Angst dadurch immer größer. Zusätzlich zu deiner Angst fängst Du an dich noch zu schämen für dich, deine Gefühle.
Viele psychische Erkrankungen sind ein symptomatischer Ausdruck dieser Art von „Vermeidungsleid“.
Hinter Depressionen stecken oft über viele Jahre unterdrückte Gefühle. Zwangsstörungen entstehen, weil Menschen sich mit bestimmten Ängsten nicht auseinandersetzten wollen.
So hat Ablehnung ihren Preis!
Durch inneren Widerstand entstehen Krankheiten nicht nur, sondern sie werden auch aufrechterhalten oder verstärken sich, wenn gegen sie gekämpft wird.
Widerstand kennt keine Grenzen
Auch positive Gefühle werden oftmals nicht zugelassen oder weggedrückt.
Kennst Du das? „Hochmut kommt vor dem Fall“? „Freu dich ja nicht zu früh“! „Dir geht’s wohl zu gut“?! „Sei leise, deiner Mutter geht es nicht gut“! „Nimm Rücksicht und lach nicht so laut“!
Wenn Du solche Dinge in deiner Kindheit zu hören bekommen hast, dann traust du dich vielleicht auch heute nicht deine Gefühle von Freude, Genuss und Zufriedenheit zuzulassen. Denn diese positiven Gefühle wurden in deiner Kindheit von deinen Eltern negativ bewertet.
Gerade wenn du mit einem depressiven Elternteil aufgewachsen bist und du dadurch deine Freude und Lebendigkeit aus Rücksicht unterdrückt hast, so wird es dir auch heute noch schwer fallen fröhliche Lebendigkeit zuzulassen. Du fühlst dich vielleicht sogar schuldig und schlecht deswegen.
Ein Übung für dich
Du kannst folgende Übung ausprobieren, um zu spüren welche Auswirkungen innerer Widerstand haben kann:
Suche dir eine unangenehme Empfindung in deinem Körper, die du gerade spürst. Vielleicht bist du müde oder nimmst irgendwo eine Anspannung wahr? Vielleicht spürst du auch gerade einen Schmerz, Unruhe, Druck oder Enge?
Nun schließe bitte kurz die Augen und nimm die Empfindung wahr. Spüre sie, ohne sie zu bewerten oder sie verändern zu wollen.
Hast du die Übung gemacht? Erinnere dich, wie sich die Empfindung angefühlt hat.
Jetzt probiere eine zweite Übung aus. Bitte schließe dazu nochmal die Augen und nimm die Empfindung nochmals wahr. Während du das tust, sage dir innerlich die folgenden Worte:
„Es ist schlimm, dass ich eine solche Empfindung habe“
„Mit mir stimmt etwas nicht, wenn ich solch eine Empfindung habe“.
„Das sollte sofort aufhören. Ich muss was unternehmen, damit es aufhört“.
Wie ist es dir mit dieser Übung ergangen. Was ist passiert? Bleibt die Empfindung gleich, wird sie schwächer oder stärker? Fühlt sie sich unangenehmer an oder wird die Empfindung neutral?
Merkst Du es?
In meiner therapeutischen Arbeit, zeige ich dir wie Annahme funktioniert und dass dadurch Heilung geschehen kann.
Du lernst immer mehr auf deinen Körper, Gefühle und Gedanken zu achten. Du wirst dein eigener Beobachter und kannst so lernen dass alle Empfindungen und Gedanken eine Daseins- Berechtigung haben. Ich urteile nicht über dich, ich gebe dir einen geschützten und fruchtbaren Boden, in dem Du dich mit allem zeigen darfst.
Herzliche Grüße Iris Albert